· 

Schulzeit I

Im April 1963 wurde auch ich ein I-Dötzchen. Der Name stammt aus dem Rheinland, "Dötzchen" heisst kleines Kind, und das "I"  war der erste Buchstabe den man lernte.

Das Schreiben übten wir damal mit einem Griffel auf der Schiefertafel, und die Hauptpersonen in unserer Schulfibel hießen "Willi und Dora".

Da wir drei Geschwister ein Jahr nach dem anderen eingeschult wurden, gab es nur bei einem Mal für alle die Schultüte. Richtig glücklich sehen wir auf dem Foto nicht aus, ich denke das wir über den Mangel an Süßigkeiten entäuscht waren. Es gibt auch von keinem von uns das obligatorische Einschulungsbild vom Fotografen.

Der Schulweg war lang, die Grundschule die damals noch Volksschule hieß und aus acht Klassen bestand, lag am anderen Ende des Dorfes. Wir gingen die etwa zwei km immer zu Fuß und schon ziemlich bald alleine.

 

In den Erinnerungen von Josef Schnabel der 1941 in Niederkassel eingeschult wurde beschreibt er seine Lehrerin Fräulein Kaschny so: In einer Ecke standen dünne und dicke Stöcke, die in den nächsten Tagen und Wochen zum Schlagen bei Fehlverhalten zum Einsatz kamen. Das Schlimmste war das Schlagen mit dünnem Stock auf die Oberseite der Hände der Schüler. Der Hosenboden wurde mit einem dicken Stock versohlt (http://lebenshimmel.de/wp-content/uploads/2016/03/2-Erinnerungen-DREISPALTIG-1l.pdf).

Fräulein Kaschny war 20 Jahre später auch die Lehrerin meines älteren Bruders. Er schrieb mir, das sie auch noch geschlagen hat, allerdings nicht mehr mit den Stöcken, sondern mit einem Lineal...

 

Unsere Lehrerin hieß Frau Storek und stand mit dem Rücken zu ihrem Pult und hatte einen Bambus-Zeigestock in der Hand. Geschlagen wurden wir von ihr nicht, im Gegenteil, sie war eine sehr verständnissvolle Lehrerin.

Am ersten Schultag rief sie uns einzeln auf um zu überprüfen, ob alle angemeldeten Kinder auch gekommen waren.

Da es sich im katholischem Rheinland um eine katholische Volksschule handelte, hing über der Tafel ein Kreuz mit Jesus. Nach der Begrüßungszeremonie sollten wir alle zum Beten aufstehen.

Ein recht kleiner Junge der in einem der Aussiedlerhäuser in unserer Nachbarschaft lebte, blieb ganz lange sitzen, und erhob sich nur zögernd von seinem Stuhl. Für uns alle sichtbar war eine kleine Pfütze auf der Sitzfläche und sein naßer Hosenboden. Ich glaube keiner lachte, aber für ihn muß dieser erste Schultag sehr traumatisch gewesen sein.

 

Dann kamen die Kurzschuljahre. Sie brachten ein Chaos. Die Kultusminister hatten sich geeinigt, den Schuljahresbeginn von Ostern auf Herbst umzustellen. Konkret bedeutete das für uns, daß zwischen 1966 und 1967 zwei Schuljahre in 16 Monate gequetscht wurden.

Für mich als Spätentwicklerin eine Katastrophe die meine Schul-Laufbahn entscheident geprägt hat. Ich wurde Gymnasialreif eingestuft, und besuchte ab Dezember 1966 das Mädchengymnasium in Sieglar.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0