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Sonntagskind

Ich bin am Sonntag den 7. April 1957 geboren. Sonntagskinder sind Glückskinder sagt der Volksmund.

Ich habe anderen (später auch meinen Kindern) gerne erzählt, wenn ein Sonntagskind im Winter einen Schneemann anniest, kann der sprechen. das hatte ich mal in einer Kindergeschichte gelesen, und gerne übernommen.

Heute sind Sonntagskinder eher selten. Mein Geburtstermin war so errechnet, also ging meine Mutter am Samstag noch zum Frisör, weil es hieß, nach der Geburt hält die Dauerwelle nicht so gut. Laut meiner Mutter war ich eine leichte Geburt, lang und dünn.

Meine Eltern wohnten damals mit meinem 14 Monate älteren Bruder in Bonn in der Rittershausstraße zur Miete.  Die Vermieterin wurde die Taufpatin meines jüngeren Bruders, und hieß Tante Lulu. Ich habe sie viele Jahre später immer mal wieder besucht, als ich eine Straße weiter wohnte, aber das ist eine andere Geschichte.

Auf dem ersten Foto sieht man mich auf dem Arm meiner Großmutter. An sie kann ich mich leider nicht mehr erinnern, sie starb ehe ich drei Jahre alt war. Meine Mutter hält meinen Bruder an der damals üblichen "Leine", mit der wir auch als Schutz gegen das Rausfallen in der Sportkarre angeschnallt wurden. Sie war da schon wieder schwanger. Mein jüngerer Bruder ist  immer vier Tage im Jahr mein Zwilling.

Kurz vor meinem ersten Geburtstag schrieb meine Mutter in mein Fotoalbum: Nikoline wiegt 10230g,  hat 7 Zähne , steht im Bettchen und Ställchen alleine auf und marschiert rundherum. Sie ist ein vergnügtes, heiteres und bescheidenes Kind.

Hm, schon bevor ich ein Jahr alt war hat sie mich so beschrieben. Heiter und vergnügt ok, aber bescheiden?  Wobei sie damit nicht verkehrt lag. Meine materiellen Ansprüche sind bis heute nicht sehr groß, und ich freue mich über vieles was sozusagen kostenlos ist: Wärme, schöne Sonnenauf- und Untergänge, ein Bad im Meer...

Meinen Namen habe ich von meinem Großvater Nikolaus. Er starb sechs Wochen vor meiner Geburt. meine Mutter schwärmte ihr Leben lang von ihm. An fast jedem meiner  Geburtstage erzählte sie, daß sie damals nicht zu seiner Beerdigung ging, weil es emotional nicht gut für ein ungeborenes Kind sei.

Weiter steht in dem Fotoalbum:  von 10 Monaten an bekommt sie morgens zum Frühstück Brot und Milch aus einem eigenen Becher. Ihr Appetit ist zu jeder Mahlzeit gut (8.00, 12.00, 15.30, 18.00).  Morgens schläft Niki im Schlafzimmer und amüsiert sich, mittags hält sie dann "Ruhe" mit ihrem großen Bruder zusammen im Kinderzimmer.

Mit 12 Monaten fing ich an zu krabbeln, mit 15 zu laufen. Dazu gibt es auch eine Geschichte, die ich oft gehört habe, so dass ich fast meine, mich selber zu erinnern, aber das kann nicht sein. Wir hatten vor der Erdgeschoßwohnung einen langen Flur, wie das in Altbauten üblich war. Dort stand immer der Kinderwagen, bzw. die Sportkarre. Eines Tages, als ich noch nicht laufen konnte, habe ich mich daran hoch gezogen, und, da die Bremse nicht angestellt war, lief die Karre mit mir los, und stoppte erst vor der am hinteren Ende liegenden Kellertür. Es muss schon ein witziges Bild gewesen sein, wie ich mit Riesenschritten hinter dem immer schneller werdenden Wagen herlief.

Ein Jahr später kam mein jüngerer Bruder zur Welt. 

In 26 Monaten drei Kinder war sicher nicht einfach. Meine Mutter hatte Gartenarchitektur studiert, ihr Diplom gemacht, und vor der ersten Schwangerschaft eine Arbeitsstelle gehabt. Mutterschutz gab es noch nicht, so daß sie während der 1. Schwangerschaft gekündigt wurde, und viele Jahre Hausfrau war, ehe sie sich mit Ende vierzig einen ganz neuen Beruf schuf. Mein Vater, auch Gartenarchitekt, bekam eine Stelle im Garten- und Friedhofsamt der Stadt Bonn, wo er bis zur Pensionierung tätig war.

Als ich drei Jahrre alt war zogen wir von Bonn nach Niederkassel, in eine Siedlung die zu günstigen Konditionen nur für Kinderreiche Familien gebaut wurde.

 

 

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